Sie sind hier

Grünberg, Arnon: Muttermale

Grünberg, Arnon: Muttermale

Otto Kadoke, in der mobilen Suizidprävention tätig, geschieden, ist knapp über 40, als er wieder bei seiner alten Mutter einziehen muss, um sie zu pflegen. Die langjährige nepalesische Hauptpflegerin hat er vertrieben, weil er ihr erotische Avancen machte. Was dazu führt, dass alle anderen nepalesischen Pflegerinnen ebenfalls den Dienst verweigern. Kadoke, der von seiner Mutter, einer KZ-Überlebenden, ständig beschimpft und erniedrigt wird, sucht weiter nach einer Pflegerin und kommt schließlich auf die Idee, eine seiner suizid-gefährdeten Klientinnen dafür zu engagieren - als eine Art alternative Therapie. Was natürlich den Vorschriften widerspricht und ihn, den professionell distanzierten Therapeuten, der die Deutungshoheit über alle Traumata und psychischen Befindlichkeiten für sich beansprucht, in eine Zwickmühle bringt. Immerzu bemüht, alle zu verstehen - seine Mutter, die Klienten -, hält er sich mit psychologischen Erklärungsmustern das Leben vom Leib und verbietet sich eigene Gefühle. Gerade diese Art von kultivierter Hilflosigkeit bringt aber seine Umgebung dazu, ihn zu provozieren.